FACE & BODY

Helden der Hautflora

Keime sind nicht immer «böse»: Eine ausgewogene Besiedelung tut der Haut gut und schützt sie vor Erkrankungen, wie die Forschung zeigt. Moderne Pflegepräparate bewahren und regenerieren das Mikrobiom der Haut – und halten sie so gesund.

Veröffentlicht am 25.02.2022

Hautprobleme, allergische Reaktionen und Ekzeme treten immer häufiger auf. Das wurde bis vor Kurzem damit in Verbindung gebracht, dass zunehmend Rohstoffe mit allergenem Potenzial verwendet werden.

Nach und nach erkannte man dann den Zusammenhang zwischen den Einflussfaktoren unserer industrialisierten Welt, den gestiegenen Hygienebedürfnissen und deren Folgen für die Haut. So zeigen klinische Daten den dramatischen Rückgang der Artenvielfalt an Bakterien der «westlichen» Haut im Vergleich zu den «unkontaktierten» Völkern Südamerikas. Viele wissenschaftliche Studien untersuchen auch die Ursachen von Hautschäden und -erkrankungen. Sie haben sich darauf konzentriert, einen Zusammenhang zwischen den auf der Haut vorhandenen speziellen Mikroben und bestimmten Hauterkrankungen herauszufinden.

Heute weiss man daher in der Kosmetik um die Wichtigkeit einer gesunden Keimflora, welche die Haut als grösstes Körperorgan des Menschen beherbergt und die Mikrobiom genannt wird. Als Mikrobiom wird die Summe aller lebenden Mikroorganismen bezeichnet, die sich in und auf dem Körper befinden.

 

Bitte nicht stören!

Diese Schutzarmee an Bakterien, Pilzen und Viren, die in Harmonie miteinander leben, sollte in einem gesunden Gleichgewicht stehen, damit die Haut all ihre Funktionen wahrnehmen kann. Jede Störung dieser Koexistenz führt zu einem instabilen Zustand. Nehmen die schädlichen Mikroorganismen zu, kann die Haut z.B. mit Juckreiz, Rötungen oder Erkrankungen wie Akne und Neurodermitis reagieren.

 Die Zusammensetzung dieser Mikroorganismen ist dabei hochgradig individuell und von unterschiedlichsten Faktoren abhängig. So spielen der Beruf, der Partner, die Lebensumstände etc. eine Rolle. Selbst zwischen der linken und rechten Hand gibt es Unterschiede, da die eine vermehrt im Einsatz ist, z.B. schreibt oder Türklinken drückt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich die Keimflora einzelner Körperregionen völlig unterschiedlich zusammensetzt. Die Aufgabe einer modernen Hautpflege ist es nun, diese Harmonie aufrechtzuerhalten und nicht etwa nur Bakterien zu bekämpfen, sondern bei einer Störung, wie z.B. übermässigem Waschen mit aggressiven Substanzen, diese möglichst schnell wieder zu regenerieren.

Das Mikrobiom ist ein Teil des Immunsystems und kann mit einer gesunden Ernährung, möglichst wenig Stress und einer geeigneten Pflege der Haut unterstützt werden – z.B. mit probiotischen Pflegeprodukten. Sie enthalten sogenannte Prebiotika und dienen als Nährstoffe für die «guten» Bakterien, die die Hautflora positiv unterstützen. Der pH-Wert der Haut wird reguliert, sodass sich die «schlechten» Keime nicht auf der Haut ausbreiten können.

Generell gilt: Je breiter das Keimspektrum, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein potenziell pathogener (krank machender) Keim dominieren kann. Dies lässt den Rückschluss zu, dass jeder Mensch von seinen eigenen Bakterien beschützt wird. Nicht jedes Hautproblem sollte daher gleich mit einem anti-bakteriellen Wirkstoff behandelt werden. Hilfreicher wäre es stattdessen, den natürlichen Bakterienstamm dabei zu unterstützen, möglichst schnell wieder die benötigten positiven Komponenten siedeln zu lassen.

In der professionellen Pflege kann eine ganzheitliche Strategie für einen sichtbaren, dauerhaften Erfolg in drei Schritte unterteilt werden:

  • Klassisch: zunächst Bakterien entfernen bzw. reduzieren (Cleanser, Tonic etc.)
  • Prebiotisch: «gute» Bakterien und deren Vielfalt unterstützen
  • Probiotisch: Stoffwechselprodukte von Organismen aus biotechnologischen Prozessen wie der Milchsäuregärung oder der Produktion von Hyaluronsäure als Wirkstoffe anwenden

 

Dass Bakterien nicht nur negativ sind, versuchen heutzutage auch Dermatologen dem Akne-Patienten begreiflich zu machen. So ist ein Strategiewechsel bei modernen Produkten zur Pflege der unreinen Haut die logische Konsequenz. Während früher die Problemhaut mit konservierungsartigen Wirkstoffen gepflegt wurde, setzt man heute den Hautmikroben ein reich gedecktes Buffet an Wirkstoffen vor – einen wahren Power-Cocktail an wachstumsfördernden und wachstumshemmenden Komponenten. So lässt sich die Artenvielfalt wiederherstellen und gleichzeitig ein akut dominierender Bakterienstamm zurückdrängen.

 

Das schmeckt den Winzlingen

Solche kosmetisch wirksamen Mischungen, die Vitamine, Spurenelemente, Aminosäuren, aber auch andere organische Vitalstoffe enthalten, können z. B. bei der Fermentation von Getreide in hoher Qualität und Reinheit biotechnologisch gewonnen werden. Das Team der Hautmikroben kann sich dann daran bedienen. Dabei werden nicht einzelne Produkte bevorzugt für eine Art angeboten, die sich dadurch schneller vermehren kann. Vielmehr findet jeder Keim sein «Leibgericht» – und die gestörte Barriere ist schnell wieder gesund erneuert. Gut geeignet hierfür sind z. B. Pflegeprodukte mit besonders wirkstoffreichen Langzeit-Fermenten aus Getreide und Saaten, die aufgrund der reduzierten Molekülgrösse tiefer eindringen und daher besser verfügbar sind.

 

 

 

 

Dr. Christian Rimpler, der promovierte Naturstoffchemiker und Pharmakologe ist Geschäftsführer und Inhaber von Rimpler Cosmetics mit den Marken Isabelle Lancray, Paris, und Dr. Rimpler. Seit 2007 leitet er als Vorstandsvorsitzender den Verband Cosmetic Professional (VCP e.V.).

info@rimpler.de

 

 

 

Text: Dr. Christian Rimpler

Fotos: stock.adobe.com (1), Dr. Christian Rimpler (1)

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